Juwelen in einem Industriepalast der Gründerzeit
Der VW New Beetle, der MINI von BMW, der Fiat 500 – auf diese Autos fahren viele Menschen ab, sie sind geradezu verliebt in ihr jeweiliges Fahrzeug.
Sollten die Konstrukteure nicht auch das “Goggomobil” wieder bauen? Die “BMW-Isetta”? Oder eine Luxuskarosse namens “Röhr”? Und wie wäre es mit dem seinerzeit heiß begehrten “Kommissbrot” von Hanomag?
Die Leute vom Automuseum Melle, allesamt Enthusiasten, würden so antworten: “Alle diese genannten alten Fahrzeuge – und noch viele andere mehr – sind so gut durchdacht, dass man einige technische Details übernehmen könnte. Die damaligen Entwickler waren manchmal sogar weiter als wir heute.”
Starker Tobak, oder? Aber, verehrte Leserinnen und Leser, genau das ist die Erkenntnis, die Sie mitnehmen werden, wenn Sie von den Experten des Automuseums Melle durch die Geschichte der Fahrzeuge geführt worden sind.
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Drei Etagen einer früheren, überaus repräsentativen Möbelfabrik: Einen besseren Ort kann es für die 200 bis 300 Juwelen der Automobilgeschichte nicht geben, die dort von ihren Eigentümern zur Verfügung gestellt werden. Ob Baujahr 1895, 1912 und folgende – alle Fahrzeuge sind sofort fahrbereit. Das ist eine Bedingung, mit denen die Besitzer der Karossen einverstanden sein müssen. Zweite Forderung: Die Oldtimer sollen sich höchstens ein halbes Jahr dort präsentieren, dann müssen sie Platz machen für andere Modelle. Irgendwann dürfen sie auch wieder hinein.
Dieser Austausch macht das Museum lebendig, und zusammen mit einigen Sonderausstellungen - - etwa zum Thema “Elektroautos” - führt ein Besuch zu dem Ergebnis: „Da müssen wir wieder hin.“
Zwei Sahnehäubchen gibt es jedes Jahr oben drauf: Im Mai treffen sich die Dampfautomobile Europas, im Juli gibt es die “Schnauferl-Wanderfahrt” für Messing-Automobile.
Die Autos des Museums erhöhen den Puls, sie bringen die Augen vieler Betrachter zum Glänzen – man darf ruhig sagen: Sie schaffen angenehme Momente. Halt – da fehlt noch was: die Kunst der spannenden Erzählung. Die wird meisterhaft beherrscht und ebenso präsentiert von Heiner Rössler und seinem Team. Das Besondere an allen leicht und unterhaltsam erzählten Geschichten rund um die Juwelen aus Holz und Blech: Sie sind wahr und einige von ihnen irritieren gleichzeitig. Warum ? Weil uns Gegenwärtigen nur ein recht kurzer Abschnitt der Automobilgeschichte präsent ist.
Drei Beispiele zum Staunen:
1. Der oben genannte “Röhr-Achtzylinder” diente mit seinem revolutionären Fahrwerk als Vorbild für die berühmten deutschen Prestigeautos Daimler-Benz, Maybach und Horch. Heute ist der Röhr- Achtzylinder vergessen, obwohl ihm doch eigentlich die Krone gehört.
2. Erst der britische Offizier Ivan Hirst (1916-2000) brachte 1945 die Produktion im Volkswagenwerk Wolfsburg voran. Hirst stellte Heinz Nordhoff ein, der als Generaldirektor VW ab 1948 zum ungeahnten Höhenflug brachte.
3. Citroen wurde mit dem Modell “Citroen Typ A” nach dem Ersten Weltkrieg zur größten Autofabrik Europas.